Hat gut geschmeckt
Was muss der dekadente Yuppie von heute ins Wochenende mitnehmen? Ich möchte mir erlauben, alles wissenswerte zusammenzufassen, was derzeit zwischen Kiruna, Kapstadt, Kyoto und Kalifornien passiert*.
Erstens: Drinkable toys for boys
Warum stehen Männer eigentlich auf Espresso? Die Antwort lautet: Espressi sind so schön technisch. Da der Espresso bekannter Maßen eine Emulsion ist und keine einfache Lösung wie der gewöhnliche Kaffe, muss bei seiner Zubereitung so einiges hoch kompliziertes beachtet werden. Die zugehörigen Maschinen dürfen deshalb zischen und dampfen, außerdem kann man endlos an Mischungen und den Druckverhältnissen rumfummeln. Was mich persönlich angeht, kann ich nur sagen, dass sich meine Kenntnisse über die artgerechte Zubereitung eines Espressos nahtlos in meine umfangreichen Qualifikationen in Sachen Installation einer Internetverbindung und sauberes Einrahmen teuer erstandener Poster einreihen. Kurz: Ich weiß nur, dass es wohl irgendwie um Mischverhältnisse geht, vom Rest weiß ich ungefähr genauso viel wie George Bush über Menschenrechte. Aber dies, und darauf will ich eigentlich hinaus, ist nun kein Problem mehr (also das mit dem Kaffee, nicht die Menschenrechte), hat doch in Uppsala wie auf beistehendem Foto zu erkennen unlängst ein echter Barista seine Zelte aufgeschlagen. Der sagt „Ciao“ wenn man seine Bar in der neuen Shoppingmall gegenüber der Stadtbibliothek betritt, „Grazie“, wenn man seinen Espresso zahlt und heißt bestimmt Luigi oder Paolo (oder Mattias oder Anders und ich falle nur drauf rein).
Seine Kenntnisse habe ich heute mal schnell undercover überprüft, um mich kurz vor Beginn meines Seminars ein wenig zu stärken. Poser-Urteil: Stark gemischter Espresso, dank mutigen Hochdruckeinsatzes von dichter Crema verfeinert, profitiert im Abgang klar von seiner charismatischen Bohne. Ehrliches Urteil: Hat gut geschmeckt.
Zweitens: metalPod
Schreibt mir doch heute mein Lieblingshersteller weißer überteuerter MP3-Player: Der iPod Nano wird gut ein Jahr nach Markteinführung neu aufgelegt, nun mit metallenem Gehäuse wie es der Kenner noch vom Nano-Vorgänger Mini im Gedächtnis hat. Die Vorteile: Mehr Farbauswahl, robusteres Gehäuse und charismatischere Haptik. Der Nachteil: Das Ding gibt es natürlich nicht in der klassischen iPod-Optik, sprich mit weißer Plexi-Oberfläche und blanker Rückseite. Da bin ich doch froh, den originalen Nano in weiß mein Eigen nennen zu dürfen. Trotzdem musste ich natürlich im Uppsalaner Apple-Store, der sich gleich neben dem Etablissement des erwähnten Kaffeeexperten befindet, nachforschen, ob die neue Kiste schon auf Halde ist. Natürlich nicht, liegt wahrscheinlich noch auf der Postagentur im ICA-Supermarkt um die Ecke und wartet auf seine Abholung.
Dies kann mich allerdings nicht davon abhalten drei distinguiert-geisteswissenschaftliche Approaches zum Thema iPod in den Raum zu werfen. Erstens eine These aus dem Kontext der funktionalen iPod-Forschung: iPods sind keine Instrumente der Unterhaltung, sondern der Selbstdefinition, haben iPod-Besitzer (alle, außer mir) ihr Gerät doch nur, um einerseits zu zeigen, dass sie zum hippen Popkultur-Klientel gehören, und andererseits, um durch die Zusammenstellung von Playlisten eine wahrscheinlich lebensnotwendige Note von Individualismus im Kosmos von J-Lo, Mando Diao und James Blunt zu bewahren. Zweitens der medienwissenschaftliche Ansatz: iPods lenken vom eigentlich wichtigen, der übertragenen Musik, ab und ziehen hauptsächlich in ihrer Eigenschaft als Medien kollektive Aufmerksamkeit auf sich. Mich haben schon x Leute gefragt: „Boah, der neue iPod, kann ich ma sehn?“, aber noch keiner: „Boah, n MP3-Player, was spielt n der für Musik?“ Um zu abstrahieren: Die Beziehung zwischen Textur und Medium wird so zum Nullsummenspiel, denn was übertragene Musik an Aufmerksamkeit verliert, gewinnt der iPod. Drittens ein Ansatz aus dem gesunden Menschenverstand deduziert: Die Dinger sind irgendwie schweinecool. Scheiß auf den Rest.
Drittens: Wider den großkapitalistischen Buchmarkt-Imperialismus
Ich finde ja, das schöne an Büchern ist neben dem Lesen und dem im-Regal-was-hermachen auch der Kauf. Absolut unterstützenswert sind daher kleine, verstaubte Buchläden mit Nickelbrillen-tragenden Idealisten hinter der Theke, die auf Amazon und Osiander schimpfen und auf deren Speicher sich olle Originalausgaben stapeln, welche sich wiederum bei ebay hervorragend verramschen lassen. In Stockholm nun hat eine mutige Exil-New-Yorkerin ein weiteres gallisches Dorf im Kampf gegen den Versandhandel aus der Taufe gehoben: New York Stories heißt ein kleiner und wohl feiner Laden für englischsprachige Bücher unweit des Bahnhofs. Ein lesenswertes Interview mit der Dame gibt’s hier: http://www.thelocal.se/article.php?ID=5056&date=20060928 (an dieser Stelle Danke an Matze für die Übersendung des Links). Ich hoffe, die Klitsche bald mal selbst beehren zu können.
In the headlights of a stretchcar you’re a star,
cfö.
*Anmerkung der Redaktion: Finden Sie den Fehler in der vorangegangenen Aufzählung! Richtig: Kalifornien als Staatsbezeichnung passt nicht zu den drei Stadtnamen, wurde allerdings der gekonnten Alliteration zu Liebe gewählt.
Erstens: Drinkable toys for boys
Warum stehen Männer eigentlich auf Espresso? Die Antwort lautet: Espressi sind so schön technisch. Da der Espresso bekannter Maßen eine Emulsion ist und keine einfache Lösung wie der gewöhnliche Kaffe, muss bei seiner Zubereitung so einiges hoch kompliziertes beachtet werden. Die zugehörigen Maschinen dürfen deshalb zischen und dampfen, außerdem kann man endlos an Mischungen und den Druckverhältnissen rumfummeln. Was mich persönlich angeht, kann ich nur sagen, dass sich meine Kenntnisse über die artgerechte Zubereitung eines Espressos nahtlos in meine umfangreichen Qualifikationen in Sachen Installation einer Internetverbindung und sauberes Einrahmen teuer erstandener Poster einreihen. Kurz: Ich weiß nur, dass es wohl irgendwie um Mischverhältnisse geht, vom Rest weiß ich ungefähr genauso viel wie George Bush über Menschenrechte. Aber dies, und darauf will ich eigentlich hinaus, ist nun kein Problem mehr (also das mit dem Kaffee, nicht die Menschenrechte), hat doch in Uppsala wie auf beistehendem Foto zu erkennen unlängst ein echter Barista seine Zelte aufgeschlagen. Der sagt „Ciao“ wenn man seine Bar in der neuen Shoppingmall gegenüber der Stadtbibliothek betritt, „Grazie“, wenn man seinen Espresso zahlt und heißt bestimmt Luigi oder Paolo (oder Mattias oder Anders und ich falle nur drauf rein).
Seine Kenntnisse habe ich heute mal schnell undercover überprüft, um mich kurz vor Beginn meines Seminars ein wenig zu stärken. Poser-Urteil: Stark gemischter Espresso, dank mutigen Hochdruckeinsatzes von dichter Crema verfeinert, profitiert im Abgang klar von seiner charismatischen Bohne. Ehrliches Urteil: Hat gut geschmeckt.
Zweitens: metalPod
Schreibt mir doch heute mein Lieblingshersteller weißer überteuerter MP3-Player: Der iPod Nano wird gut ein Jahr nach Markteinführung neu aufgelegt, nun mit metallenem Gehäuse wie es der Kenner noch vom Nano-Vorgänger Mini im Gedächtnis hat. Die Vorteile: Mehr Farbauswahl, robusteres Gehäuse und charismatischere Haptik. Der Nachteil: Das Ding gibt es natürlich nicht in der klassischen iPod-Optik, sprich mit weißer Plexi-Oberfläche und blanker Rückseite. Da bin ich doch froh, den originalen Nano in weiß mein Eigen nennen zu dürfen. Trotzdem musste ich natürlich im Uppsalaner Apple-Store, der sich gleich neben dem Etablissement des erwähnten Kaffeeexperten befindet, nachforschen, ob die neue Kiste schon auf Halde ist. Natürlich nicht, liegt wahrscheinlich noch auf der Postagentur im ICA-Supermarkt um die Ecke und wartet auf seine Abholung.
Dies kann mich allerdings nicht davon abhalten drei distinguiert-geisteswissenschaftliche Approaches zum Thema iPod in den Raum zu werfen. Erstens eine These aus dem Kontext der funktionalen iPod-Forschung: iPods sind keine Instrumente der Unterhaltung, sondern der Selbstdefinition, haben iPod-Besitzer (alle, außer mir) ihr Gerät doch nur, um einerseits zu zeigen, dass sie zum hippen Popkultur-Klientel gehören, und andererseits, um durch die Zusammenstellung von Playlisten eine wahrscheinlich lebensnotwendige Note von Individualismus im Kosmos von J-Lo, Mando Diao und James Blunt zu bewahren. Zweitens der medienwissenschaftliche Ansatz: iPods lenken vom eigentlich wichtigen, der übertragenen Musik, ab und ziehen hauptsächlich in ihrer Eigenschaft als Medien kollektive Aufmerksamkeit auf sich. Mich haben schon x Leute gefragt: „Boah, der neue iPod, kann ich ma sehn?“, aber noch keiner: „Boah, n MP3-Player, was spielt n der für Musik?“ Um zu abstrahieren: Die Beziehung zwischen Textur und Medium wird so zum Nullsummenspiel, denn was übertragene Musik an Aufmerksamkeit verliert, gewinnt der iPod. Drittens ein Ansatz aus dem gesunden Menschenverstand deduziert: Die Dinger sind irgendwie schweinecool. Scheiß auf den Rest.
Drittens: Wider den großkapitalistischen Buchmarkt-Imperialismus
Ich finde ja, das schöne an Büchern ist neben dem Lesen und dem im-Regal-was-hermachen auch der Kauf. Absolut unterstützenswert sind daher kleine, verstaubte Buchläden mit Nickelbrillen-tragenden Idealisten hinter der Theke, die auf Amazon und Osiander schimpfen und auf deren Speicher sich olle Originalausgaben stapeln, welche sich wiederum bei ebay hervorragend verramschen lassen. In Stockholm nun hat eine mutige Exil-New-Yorkerin ein weiteres gallisches Dorf im Kampf gegen den Versandhandel aus der Taufe gehoben: New York Stories heißt ein kleiner und wohl feiner Laden für englischsprachige Bücher unweit des Bahnhofs. Ein lesenswertes Interview mit der Dame gibt’s hier: http://www.thelocal.se/article.php?ID=5056&date=20060928 (an dieser Stelle Danke an Matze für die Übersendung des Links). Ich hoffe, die Klitsche bald mal selbst beehren zu können.
In the headlights of a stretchcar you’re a star,
cfö.
*Anmerkung der Redaktion: Finden Sie den Fehler in der vorangegangenen Aufzählung! Richtig: Kalifornien als Staatsbezeichnung passt nicht zu den drei Stadtnamen, wurde allerdings der gekonnten Alliteration zu Liebe gewählt.
3 Comments:
Hey Chris, mir als eingefleischtem Kontra-iPodianer (ja sowas gibt's noch)obliegt die Aufgabe an dieser Stelle zu kommentieren. Dieses möchte ich ganz im Sinne der wissenschaftlich analytischen Arbeitsweise der Fremdliteraturrecherche tun und einen äußerst bedenklichen Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 09.06. diesen Jahres zitieren:
"In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Student Monitor aus New Jersey unter 1.200 College-Studenten kam ans Licht, dass Bier nicht mehr das Wichtigste im Leben ist. 73 Prozent gaben an, dass der iPod bei ihnen 'in' sei..."
Aaaaaaaaaaaaaahhhhhh!!!!!! Wie kann das sein? Was sind denn das für Studenten?
Lass uns dagegen halten, denn Du weißt: Beer is the center of everything. Everything revolves around beer. When you drink beer, everything revolves. Therefore beer is the center of everything!
In diesem Sinne, "Life, alas, is very drear. Up with the glass! Down with the beer!”
Cheers C.R. Matze
Oh je Chris,
Tony Fadell und Steve Jobs conquern die Welt! Der neueste Schrei ist ein Nike-Schuh, der dank integriertem Druckmesser in der Sohle die Schrittzahl an den iPod-Nano überträgt, der dann z.B. die gelaufene Wegstrecke errechnet und auf dem Display in Echtzeit anzeigt. Ich glaub bald geb ich auf. Aber Du kannst der Funktionsliste Deines Lieblingsspielzeugs wieder einen Punkt hinzufügen. Infos übrigens hier: http://www.nike.com/nikeplus/index.jhtml?locale=de_de&promoID=www.spiegel.de_300x250#overview
Cheers C.R. Matze
Na solang die nicht eine Bikecomputerfunktion für den Nano entwickeln, muss ich bei derartigem leider sagen: Ohne mich, Mr. Jobs. Es sei denn, ich sollte mich in meinem jugendlichen Leichtsinn jemals dazu entschließen, zusammen mit Lauren beim New-York-Marathon an den Start zu gehen!
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