Wednesday, August 23, 2006

Die Titanic Schwedens















Heute wird es historisch, meine Freunde. Am Wochenende war ich im Vasa-Museum in Stockholm, wo das schwedische Kriegsschiff Vasa aus dem 17. Jahrhundert ausgestellt ist. Ein unglaublich beeindruckender Koloss von Segeschiff und das Lehrstück der Weltgeschichte schlechthin für misslungene Innovationspolitik und fehlgeleitetes Technologiemanagement.
Es war so: Während des 30-jährigen Krieges geriet die Seegroßmacht Schweden zur Mitte der 1620er Jahre unter Druck. Geheimdienstberichte brachten die Kunde an den schwedischen Hof, dass Polen an einem Kriegssegler von bisher nie da gewesener Größe arbeitete, außerdem schien Dänemark ganz offensichtlich eine Fregatte mit zwei übereinander platzierten Kanonendecks zu entwickeln - ein Schiff von solch einer Feuerkraft befand sich bis dato nicht in der Flotte des Schweden-Königs Gustav Adolf. Also gab er die Vasa in Auftrag. Ihre Eckdaten: 62 Meter lang, drei demontierbare Masten, zwei Kanonendecks inklusive Achter-Kanonen, zwei übereinander gebaute Wehrgänge am Achterkastell für den Nahkampf und stolze 437 Mann Besatzung. Das Schiff war grell bemalt und sollte den Gegner schon durch seine Optik das Fürchten lernen. So waren beispielsweise die Kanonenklappen mit geschnitzen Löwenfratzen versehen, die dem Gegner bei geöffneten Lucken entgegen grinsten, außerdem drängten sich am Achterkastell Statuen von antike Seegöttern und römischen Soldaten, die ein furchteinflößendes Symbol für den schwedischen Großmachtstatus sein sollten.
Der Bau des Potts allerdings lief nicht so ganz rund: Gustav Adolf setzte den Baumeister des Vasa-Projekts, einen Niederländer, immer mehr unter Druck. Er wollte, als der Kiel der Vasa bereits fertig gestellt war, noch mehr Kanonen in das Schiff integrieren. Der Niederländer aber erteilte dem eine Absage. Mehr Kanonen bedeuteten mehr Gewicht und dies wiederum machte eine Schwerpunktverlagerung im schon fertigen Kiel nötig. Sein Kompromissvorschlag an den König war, mehr Zeit für die Fertigstellung zu bekommen und so die nötige Schwerpunktverlagerung durchführen zu können. Dies aber verbat der König, schließlich saßen ihm Dänemark und Polen im Nacken. Das Ende vom Lied: Die Vasa bekam mehr Kanonen als geplant, der Schwerpunkt blieb.
Am 10. August 1628 brach die Vasa im Hafen von Stockholm zu ihrer Jungfernfahrt auf. Die Bevölkerung der Hauptstadt drängte sich an den Kaimauern, um das neue schwedische Flaggschiff zu bejubeln. Weit allerdings kam die schlussendlich fehlkonstruierte Vasa nicht: Nach nur etwa 1.500 Metern Fahrt kenterte sie noch im Stockhomer Hafenbecken und versank mitsamt Besatzung, Römerstatuen und Kanonen in der Ostsee.
In den 1950er Jahren gelang einigen cleveren Archäologen die Bergung - ein Unterfangen, das nicht nur für die Vasa als künftiges Museumsstück, sondern auch für die Arbeiter riskant war. Mit speziellen Bohrern wurden circa ein Meter breite Kanäle in den Seeschlamm unterm Schiffsrumpf gebohrt, durch die dann Marinetaucher durchkrabbeln durften, um die Seile eines riesigen Seekrans um das Schiff zu legen.
Heute steht die Vasa, vom Schlamm befreit und konserviert in einem eigens angelegten Museumsbau am Stockholmer Hafen. Glaubt mir, das ist wirklich beeindruckend! Außerdem möchte ich darauf aufmerksam machen, dass es meines gesamten Einfallsreichtums bedurfte, um bei den Lichtverhältnissen im Museum das obige Foto aufzunehmen.

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